Wir Menschen treffen unliebsame Entscheidungen, machen Fehler, bis hin zu bewussten Verletzungen. Dabei hadern wir meistens auch mit uns selber.
Solange wir nicht im Reinen mit uns und den anderen Beteiligten sind, besteht eine unsichtbare energetische Verbindung, die das Ereignis lebendig hält. Es ist dann kaum möglich, die Situation ganz abzuschließen und gehen zu lassen. Das Ereignis bleibt in unserem Bewusstsein als „unerledigt“ gespeichert. Selbst wenn es lange zurückliegt und wir denken,
dass es uns nichts mehr ausmacht, bleibt ein unangenehmes Gefühl erhalten. Zudem kann sich auch ein tief vergrabener Groll entwickeln.
Diese unsichtbare Verbindung zu dem Ereignis beeinflusst unser Denken und Fühlen. Unter anderem können dies Schuldgefühle sein, es kann auch zu einer gewissen Sturheit oder einer Härte uns selber oder anderen gegenüber führen. In manchen Fällen manifestiert sich dies sogar in unserem Körper als Beeinträchtigung, wie zum Beispiel Muskel- oder Gelenkschmerzen, bis hin zu chronischen oder schwerwiegenden Krankheiten.
Die gute Nachricht hier ist, dass wir immer eine Chance haben, dies zu ändern. Wir sind nicht davon abhängig, was die anderen Beteiligten machen, sondern wir können auch später noch durch unseren persönlichen inneren Vergebungsprozess gehen und dadurch frei werden.
Was hält uns von der Vergebung ab?
Es gibt einige Gründe, die uns daran hindern können, wirklich von innen heraus zu vergeben:
- Wir wollen es uns nicht eingestehen, dass da noch etwas bereinigt werden will.
- Wir denken, wenn ich vergebe, bin ich schwach, gebe einen Fehler zu, nehme die Schuld auf mich oder ich mache es dem anderen zu leicht.
- Wir wollen uns mit der Situation nicht noch einmal befassen, vielleicht auch weil es so weh getan hat und wir es nicht noch einmal spüren wollen.
- Wenn wir vergeben, können wir andere nicht mehr dafür verantwortlich machen, dass sie doch daran schuld seien, wie schlecht es uns seit diesem Ereignis geht.
- Wir müssen aus dem Selbstmitleid heraus gehen und für unseren Teil die ganze Verantwortung übernehmen.
- Wir denken, wenn wir jemandem vergeben wollen, müssten wir ihm dies persönlich sagen oder wir müssten wieder eine freundschaftliche Beziehung zu ihm pflegen – das ist nicht der Fall!
Vergebung beginnt immer mit Selbstvergebung
Zuerst müssen wir uns, ohne Schuldgefühle zu haben, klar machen, dass wir Teil des Ereignisses sind, dass wir uns darauf eingelassen oder es erlaubt haben und dass wir es nicht verhindern konnten. Auf einer tieferen Ebene wissen wir, dass wir uns darauf eingelassen haben, um bestimmte Erfahrungen zu machen.
Wir hatten sicherlich Gründe für unser damaliges Verhalten. Vielleicht hatten wir Angst vor möglichen Konsequenzen oder wir flüchteten in Beschuldigungen, Rechthaberei, Arroganz, Konkurrenzkampf, Eifersucht, Neid, Wut, Rache… Dazu kommen oft Selbstmitleid und Selbstvorwürfe: Wie konnte ich nur so dumm sein, mich darauf einzulassen, der andere hat mich wieder mal ausgenützt, das Leben ist so ungerecht, ich hätte es verhindern müssen… Dies genauer zu erforschen, ist ein wichtiger Teil des Prozesses.
Manchmal ist da auch ein persönliches Muster zu erkennen, ein Verhalten, das sich solange wiederholt, bis wir es aufgelöst haben. Auch dies ist in einem eigenen Prozess möglich und befreit uns von dem „Zwang“, weitere ähnliche Situationen entstehen zu lassen.
Dies zu erkennen, und vor allem auch zu spüren, was ich mir und anderen dadurch angetan habe, ist die Voraussetzung für eine echte Vergebung aus dem Herzen heraus.
Anderen vergeben oder sich vergeben lassen
Es ist ein wunderbarer Ausdruck der Vergebung, wenn man dies dem Partner oder dem anderen Beteiligten persönlich sagen kann und dabei ein tiefes Gefühl der Liebe und Verbundenheit spürt.
Wenn dies aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, weil wir zum Beispiel den Kontakt zu der anderen Person nicht mehr aufnehmen wollen oder können, bis dahin, dass die Person bereits verstorben ist, haben wir die Möglichkeit, auf der energetischen Ebene dies nachzuholen.
Dabei ist es wichtig, dass wir durch den Prozess der Selbstvergebung bereits durchgegangen sind und ehrlich auf das vergangene Ereignis schauen können. Dann sind wir bereit für eine positive Veränderung, können uns darauf einlassen, was die Gründe für das Verhalten des anderen waren, und bekommen eine umfassendere Sichtweise. Am leichtesten geht dies in tiefer Entspannung oder Meditation. Dabei öffnen wir uns, um unserer wahren inneren Stimme zu lauschen, ohne dass unser Verstand dazwischen redet.
Wir erlauben uns dann, dies auch zu spüren, wie weh es uns getan hat, sind bereit zu erkennen, dass wir vielleicht einen Fehler gemacht haben oder zu sehr in unseren eigenen Vorstellungen verstrickt waren. Wir übernehmen die Verantwortung für unseren eigenen Anteil und verstehen unser Gegenüber besser, ohne dass wir unsere eigenen Erkenntnisse verwerfen müssen. Nun können wir auch leichter aus tiefstem Herzen heraus vergeben, sind frei und können den Anderen frei lassen.
Wenn es etwas Schwerwiegendes war, kann es durchaus sein, dass man diesen Prozess mehrmals durchgehen muss. Am wichtigsten dabei sind immer die Emotionen, warum dies geschehen ist. Jedesmal bekommt man ein besseres Verständnis davon und kann auf einer immer tieferen Ebene vergeben.
Vergebung ist auch ein Akt der Selbstliebe
Wenn wir bereit sind Vergebung tief in unser Herz sinken zu lassen, spüren wir einen inneren Frieden und eine tiefe Zufriedenheit. Vergebung berührt alle Ebenen in uns und manchmal erscheint es uns fast wie ein Wunder, was sich dadurch alles verändert. Je größer das Ereignis war, desto größer ist jetzt eine mögliche Veränderung.
Vergebung bereitet auch den Boden für die Heilung der alten Wunden. Wir sind frei und können unsere vorher gebundene Kraft wieder für uns selbst nutzen. Wir können unserem ganz eigenen Lebensweg vertrauen und ein Stück weit mehr Glück und Freude zulassen.